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Am 12. September fand auf der Straße zwischen Balgstedt und Freyburg ein Scharmützel zwischen Thielmannschen und französischen Reitern statt. Am 16. September kam das ganze Thielmannsche Freikorps, bestehend aus russischen Kosaken, preußischen und österreichischen Husaren, 2 Kanonen und 5 Munitionswagen, von Kösen und zog, vermutlich durch Balgstedt, nach Freyburg und Gleina.
Am 19. September rückte der Französische General Lefebre von Weißenfels mit 4000 Gardisten gegen das Thielmannsche Korps aus und stieß auf dasselbe bei Bedra und Leiha. Gegen Mittag zog sich das Gefecht nach Freyburg. Ein Teil des Thielmannschen Kops zog sich kämpfend über die Freyburger Brücke zurück marschierte über Nißmitz durch die Frankenhole nach Kösen.
Vom 30. September bis 5. Oktober befand sich bei Zscheiplitz ein großes französisches Lager. Die Kavallerie, bestehend aus Husaren, Dragonern, Grenadieren zu Pferde, Chasseurs und Mamelucken, biwakierte auf den Wiesen bei der Zeddenbacher Mühle.
Bald darauf wurden die Verbündeten Herren unsrer Gegend. Am 16. Oktober zog der preußische Major von Hellwig mit einem Streifkops von 400 Husaren und einer Kompagnie Scharfschützen von Freyburg über Balgstedt nach Laucha.
Am Montag, den 18. Oktober, erfolgte dann die gewaltige Völkerschlacht bei Leipzig, welcher der Rückzug der Franzosen über Freyburg folgte.
Während der Schlacht war die Unstrutbrücke in Freybug von dem österreichischen Leutnant Kause mit 60 Kroaten besetzt. Am Dienstag, den 19. Oktober, früh 1 Uhr, zündeten dieselben die hölzerne überbaute Brücke an, um den Franzosen den Rückweg über die Unstrut abzuschneiden.
Ebenso wollten sie die Zeddenbacher Brücke zerstören. Aber die Besitzer der Zeddenbacher Mühle, Kürbitz, gabdem Leutnant Kause Geld, sodas dem Müller erlaubt wurde, die Brücke selbst abzutragen, was dieser natürlich sehr unvollständig besorgte, indem er nur ein paar Bohlen entfernte.
Hierauf gingen die Kroaten nach Naumburg, welches die Oesterreicher besetzt hielten. Wenige Stunden darauf, als der Tag graute, trafen von Weißenfels, vom General Bertrand abgeschickt, französische Pioniere ein, welche oberhalb der abgebrannten Freyburger Brücke eine Floßbrücke über die Unstrut und den Schleusenarm legten und die Zeddenbacher Brücke wieder instandsetzten.
Die Bewohner wußten nicht, was das zu bedeuten hatte, aber es sollte ihnen bald klar werden. Um die Mittagsstunde stellten sich nämlich die ersten flüchtigen Franzosen ein, und ihre Zahl wuchs von Stunde zu Stunde lawinenartig zu.
Der Strom der ganzen bei Leipzig geschlagenen Armee wälzte sich nun vom 19. bis 21. Oktober Tag und Nacht durch Freyburg und von dort weiter durch Balgstedt nach Eckartsberga zu.
Am Donnerstag, den 21. Oktober früh um 6 Uhr, erschien, auf einem Falben reitend, der geschlagene Franzosenkaiser Napoleon selbst in Freyburg, nachdem er in dem Winzerhüuschen des Nollschen Weinberges zwischen Weißenfels und Burgwerben übernachtet hatte.
Er ließ sogleich nach seiner Ankunft zwei Freyburger Postillione , Vollmar und Werner, kommen, welche ihm als Wegweiser dienen mußten. Überall zeigte sich die größte Verwirrung. Napoleon ritt hierhin und dorthin, um Ordnung zu schaffen. Die Pioniere mußten unterhalb der Schlossmühle noch eine Floßbrücke anfertigen, ebenso bei Balgstädt zwischen der Mündung des Hasselbaches und der Zeddenbacher Mühle. Diese letztere Notbrücke brach aber bald zusammen, da sie zu leicht gebaut war.
Nun befahl Napoleon, daß die Artillerie über die Zeddenbacher Brücke gehen solle, die Kavallerie über die Floßbrücke an der Freyburger Schleuse und die Infanterie über die Notbrücke innerhalb der Schloßmühle. Mit viel Mühe gelang es ihm, den Knoten zu entwirren und einigermaßen Ordnung zu schaffen.
Hierauf kehrte er mit seinem Gefolge gegen 10 Uhr Vormittags, mit einem einfachen grauen Mantel bekleidet, auf der Superintendantur ein, um zu frühstücken. Die Tafel war mit warmen und kalten Fleischspeisen, Wein und Kaffee aus dem kaiserlichen Küchenwagen besetzt.
Nach dem Frühstück ließ Napoleon den Superintendent Magister Polykarpus Keil rufen und unterhielt sich erst einmal mit ihm in lateinischer Sprache, dann durch einen Dolmetscher über die Einkünfte des Superintendenten und über sein Aufsichtsamt. Die Tafelmusik gaben die Kanonen der Verbündeten und der Franzosen.
Inzwischen hatte sich nämlich ein Gefecht zwischen York und Marschall Ney entwickelt. Die Franzosen hatten alle beherrschenden Punkte um Freyburg mit Infanterie und Artillerie stark besetzt, besonders Zscheiplitz, die Schweigenberge, das Nickelchen, das Reußenwäldchen und den Spittelsberg. Das York’sche Armeekorps drang von Müncheroda aus vor und hielt den Galgenberg die Göhleberge und den Schleberodaer Berg besetzt.
Nachdem Frühstück besichtigte Napoleon nochmals die Brücken, und erst als er sich überzeugt hatte, daß der Übergang über die Unstrut gesichert war, ritt er selbst auf einem Schimmel mit seinem Generalstab über die Floßbrücke an der Freyburger Schleuse und bog dann rechts um nach Balgstädt zu.
Es war nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr. Unter dem Brückenholze bog er links in einen Fahrweg ein und hielt dort längere Zeit still, indem er mit dem Fernglas das Gefecht beobachtete. Er sah, wie hinter der Zeddenbacher Mühle österreichische Jäger vom Jägerbataillon Nr. 2 eine Anhöhe besetzten, von dort aus sich am linken Unstrutufer festsetzten, und die auf der Strasse nach Balgstädt in langen Zügen marschierenden Franzosen beschossen. Deshalb ließ er ein paar Bataillone über die Zeddenbacher Brücke auf das linke Unstrutufer marschieren und einige Geschütze mit großer Anstrengung auf eine kleine Bergkuppe, auf der ein Winzerhäuschen stand, nicht weit von der Zeddenbacher Mühle schaffen, um die österreichischen Jäger zu vertreiben.
Während Napoleon diese Befehle erteilte, schlugen die preußischen Kanonenkugeln unter dem Brückenholze dicht neben ihm ein, so daß er von der emporspritzenden Erde beschmutzt wurde. Die Kugeln kamen von Leutnant Patzig, welcher 6 Geschütze von der reitenden Batterie Nr. 2 auf einem weit vorspringenden Bergrand bei Zscheiplitz aufgepflanzt hatte und von da aus die Straße von Freyburg nach Balgstädt wirksam beschoß.
Er mochte wohl auch den Kaiser an dem ihn umgebenden bunten Gefolge erkannt haben. Dieses bestand aus dem zum König von Neapel erhobenen General Murat, der mit seinen roten Hosen, gelben Stiefeln, langen goldenen Sporen und breitkrämpigem mit Straußenfedern geschmückten einen sehr theatralischen Eindruck machte, ferner aus dem Marschall Berthier, dem General Caulincourt, dem Generaladjutanten Flahaut, dem sächsischen Major v. Odeleben u.a. Ferner befanden sich bei ihm eine Abteilung reitender Gardisten, die beiden Postillione Vollmar und Werner, der Schleusenzieher Hansen und August Kürbitz, der Bruder des Zeddenbacher Müllers, welche Napoleon hatte rufen lassen, um Auskunft zu erteilen.
Nach einiger Zeit verließ der Kaiser die Stelle unter dem Brückenholz und ritt mit seiner Umgebung nach Balgstädt und von da aus über das Hardthaus, über Burkersroda und Klosterhäseler nach Eckartsberga, wo er bei dunkler Nacht ankam.
Hier wurden die Postillione Vollmar und Werner entlassen und erhielten jeder einen Napoleonsdor Trinkgeld. Am anderen Tage wollten dieselben nach Freyburg zurück reiten. Am Hardthaus kamen ihnen russische Kosaken entgegen die ihnen Geld und Pferde abnahmen. Die Pferde erhielten sie aber durch Vermittlung eines Kosakenführers zurück.
Werner flüchtete nun mit den Pferden in den Wald, während Vollmar zu Fuß nach Balgstädt marschierte und dort über die Trümmer der zusammengebrochenen Floßbrücke mit genauer Not das linke Unstrutufer erreichte und glücklich nach Freyburg gelangte. Aber nicht nur ein großer Teil der geschlagenen französischen Armee kam damals durch Balgstädt, sondern auch Teile der verbündeten Heere unter dem Befehle des Feldmarschalls v. Blücher und des Grafen Bennigson, die mit der Verfolgung der Franzosen beauftragt waren.
In jenen Oktobertagen haben des abends wohl manchmal die Biwakfeuer hinter dem Dorfe Balgstädt gebrannt und der Ort war zuletzt ganz ausgezogen.
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